Konstanz am Bodensee ruft den sogenannten Klimanotstand aus. Die Lokalpolitiker erklären, dass sie ihren Beschluss vor dem Hintergrund der "Fridays for Future"-Bewegung umgesetzt haben.

Kein Feuerwerk mehr? *G*


Nach Beratungen mit "Fridays for Future"-Aktivisten hat der Gemeinderat von Konstanz den Klimanotstand ausgerufen. Viele Kritiker behaupteten bisher, dass die bundesweiten Schüler-Proteste keine konkreten Forderungen beinhalten und die Kinder lediglich die Schule schwänzen. Das Beispiel Konstanz zeigt allerdings, dass der politische Druck auf kommunaler Ebene ausgereicht hat, um eine Gemeindevertetung zum Handeln zu bewegen

Konstanz - Klimanotstand?


Ausrufung des Klimanotstands in Konstanz – Ratsbeschluss und Resolution vom 2. .Mai 2019
Beschluss:
Es wird festgestellt, dass kein Mitglied des Gremiums an der Beratung und
Beschlussfassung teilnimmt, das im Sinne des § 18 Gemeindeordnung Baden-Württemberg
befangen ist.
Der Gemeinderat beschließt die Resolution zur Ausrufung des Klimanotstands in der im
Anhang befindlichen Form und unter Berücksichtigung der Zusagen von Herrn OB Burchard
mit dem Auftrag, die zusätzlichen Maßnahmen auszuarbeiten.
Folgende Maßnahmen zur Beschleunigung der Klimaschutzziele werden geprüft und dem
Gemeinerat zur Beschlussfassung vorgelegt:
A) Klimaneutrale Energieversorgung von Neubauten
Soweit die Stadt über städtebauliche Verträge, Grundstückskaufverträge und
Erbbaurechtsverträge über eine entsprechende Handhabe verfügt, wird für Neubauten eine
in der Jahresbilanz klimaneutrale Energieversorgung mit möglichst hohem Anteil lokal
verfügbarer regenerativer Energien als Ziel fixiert. Hierzu werden die bereits für jedes Gebiet
aus dem Handlungsprogramm Wohnen vorgesehenen Energiekonzepte genutzt (vgl.
Vorlage 2018-3737). In diesen soll auch dargelegt werden, welche
Optimierungsmöglichkeiten bei den sogenannten „grauen Emissionen“ (Emissionen durch
die Erstellung der Gebäude) bestehen. Geprüft wird, ob sich durch die klimaneutrale
Energieversorgung ein Zielkonflikt zum geförderten Wohnungsbau ergibt.
B) Mobilitätsmanagement für die Gesamtstadt
Die bereits im Jahr 2017 beratene Stelle eines Mobilitätsmanagers/einer Mobilitätsmanagerin
wird im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Nachtragshaushalt 2020 wieder eingebracht.
Hauptziel des Mobilitätsmanagements ist die Verminderung des motorisierten
Individualverkehrs: Mit „weichen“ Maßnahmen soll bei möglichst vielen
VerkehrsteilnehmerInnen Verständnis für die „harten“ Maßnahmen zur Steuerung des
ruhenden und des fließenden Verkehrs gewonnen werden, um ein Umdenken bei der Wahl
der Verkehrsmittel zu erreichen (vgl. Informationsvorlage 2017-2930).
C) Energiemanagement für städtische Gebäude
Das Hochbauamt wird aufgefordert, bis Ende 2019 zusammen mit dem
Klimaschutzbeauftragten zu prüfen, mit welchen Kosten und möglichen Einsparungen die
Einrichtung einer Stelle zum Energiemanagement für die städtischen Gebäude verbunden
ist.
D) Maßnahmen zur Erhöhung der Sanierungsrate im Stadtgebiet
Die Verwaltung wird aufgefordert, bis zu den nächsten Nachtragshaushalts-Beratungen
(Herbst 2019) mehrere Varianten für ein Anreizprogramm zur Sanierung des
Gebäudebestands zu prüfen und dem Gemeinderat zusammen mit anderen möglichen
Maßnahmen zur Beschlussfassung vorzulegen.
E) SWK-Zielkatalog
Der derzeit in Überarbeitung befindliche Zielkatalog für die Stadtwerke Konstanz wird geprüft
und bis Herbst 2019 zusammen mit dem Klimaschutzbeauftragten um grundsätzliche
Klimaschutzanforderungen aus dem städtischen Klimaschutzkonzept und dem
Energienutzungsplan ergänzt.
F) Ziele im European Energy Award
Zu den halbjährlich stattfindenden Sitzungen des eea-Energieteams werden zwei
VertreterInnen der Fridays-for-Future-Bewegung eingeladen. Außerdem sollen auf
Grundlage des nächsten internen Audits vom 22. November 2019 zusätzliche Maßnahmen
zusammengestellt werden, die es ermöglichen würden, in „Gold-Reichweite“ (75 %) zu
kommen. Dem Gemeinderat wird hierzu im 1. Quartal 2020 berichtet.
Ausrufung des Klimanotstands in Konstanz – Ratsbeschluss und Resolution vom 2. .Mai 2019
Resolution zum Klimanotstand
Der Konstanzer Gemeinderat
a) erklärt den Klimanotstand und erkennt damit die Eindämmung der Klimakrise und ihrer
schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität an.

b) erkennt, dass die bisherigen Maßnahmen und Planungen nicht ausreichen, um die
Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.
c) berücksichtigt ab sofort die Auswirkungen auf das Klima bei jeglichen Entscheidungen,
und bevorzugt Lösungen, die sich positiv auf Klima-, Umwelt- und Artenschutz
auswirken. Hierzu wird für sämtliche politische Beschlussvorlagen ab Juni 2019 das
Kästchen „Auswirkungen auf den Klimaschutz“ mit den Auswahlmöglichkeiten „Ja,
positiv“, „Ja, negativ“ und „Nein“ verpflichtender Bestandteil. Wird die Frage mit „Ja,
positiv“ oder „Ja, negativ“ beantwortet, muss die jeweilige Auswirkung in
Zusammenarbeit mit dem Klimaschutzbeauftragten in der Begründung dargestellt
werden.
d) stellt fest, dass der 2016 verabschiedete Zeitplan im integrierten
Klimaschutzkonzept (IKSK) bei einer Gesamtbetrachtung nicht eingehalten wird.
Klimaschutz lässt sich nicht in rein territorialen Grenzen betrachten und ein großer
Teil der durch Konstanzerinnen und Konstanzer verursachten Emissionen fällt
außerhalb des Stadtgebietes an. Prüfaufträge zu zusätzlichen Maßnahmen sind
daher Gegenstand von Vorlage 2019-4128.
e) fordert den Oberbürgermeister auf, dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit halbjährlich
(im Rhythmus der Vorhabenliste) über Fortschritte und Schwierigkeiten bei der
Reduktion der Emissionen Bericht zu erstatten.
f) fordert auch andere Kommunen, die Bundesländer und die Bundesrepublik Deutschland
auf, dem Konstanzer Vorbild zu folgen und den Klimanotstand auszurufen. Insbesondere
macht er Land und Bund darauf aufmerksam, dass ein vollständiges Einhalten der
Klimaschutzziele auf kommunaler Ebene unter den derzeitigen Rahmenbedingungen
noch nicht möglich ist. Erst ein vollständiger Abbau weiterhin bestehender Subventionen
für fossile Energieträger, eine sozial gerecht ausgestaltete CO2-Bepreisung, eine
grundlegend veränderte Verkehrspolitik und eine klimaschutzkonforme Förderung des
sozialen Wohnungsbaus würden hier das dringend benötigte Fundament legen.
g) fordert auch die städtischen Beteiligungen dazu auf, sich verstärkt mit ihren
Möglichkeiten im Klimaschutz auseinanderzusetzen und dem Gemeinderat dazu vor
Jahresende Bericht zu erstatten.